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KI-basierte Geschäftsmodelle
Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 ist künstliche Intelligenz (KI) für viele Menschen allgegenwertig. KI-Tools ermöglichen die unkomplizierte Recherche von Alltagsfragen, erleichtern die Kommunikation in fremden Sprachen oder vereinfachen die Nutzung digitaler Endgeräte über Spracheingaben. Auch Unternehmen erkennen zunehmend die Potenziale von KI, beispielsweise zur aufwandsarmen Erstellung von Social Media-Inhalten, zur Kommunikation mit KundInnen über Chatbots oder zur Unterstützung kreativer Aufgaben wie der Erstellung von Texten oder Grafiken.
Welche Rolle kann KI im Geschäftsmodell spielen?
Einige Unternehmen gehen bereits einen Schritt weiter und nutzen KI für wesentliche Elemente ihres Geschäftsmodells bzw. bauen wesentliche Elemente ihres Geschäftsmodells auf der Funktionsweise von KI auf.
Während in einigen Geschäftsmodellbereichen KI direkt eingesetzt werden kann, beispielsweise für KI-basierte Produkte und Dienstleistungen (Wertangebote), zur Unterstützung der Kundenkommunikation (Kanäle) oder zur Effizienzsteigerung von ausgewählten Prozessen (Schlüsselaktivitäten), sind andere Bereiche eher indirekt betroffen. Beispielsweise, wenn durch neue KI-basierte Wertangebote neue Zielgruppen angesprochen werden (Kundensegmente), neue Kooperationen mit KI-Anbietern entstehen (Schlüsselpartner) oder erhebliche Veränderungen in der Kostenstruktur resultieren (Kostentreiber).
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INFOBOX
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WAS IST EIN GESCHÄFTSMODELL
Ein Geschäftsmodell beschreibt, wie eine Organisation Werte schafft und Einnahmen erzielt. Das Business Model Canvas stellt dies in neun Bereichen dar, darunter Kundengruppen, Wertangebote, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselpartner und Kostenstruktur.
Sie zeigt z. B., welche Leistungen angeboten werden, über welche Kanäle die Zielgruppen erreicht und wie Kundenbeziehungen gestaltet werden. Zudem beschreibt sie, welche Ressourcen und Aktivitäten nötig sind, welche Partner eingebunden werden und welche Kosten anfallen.
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Beispiele aus der Praxis
Wie KI die Schlüsselaktivitäten eines Unternehmens unterstützen kann, zeigt das Beispiel “Foto Lehmann”. Im Rahmen einer Potenzialanalyse wurde das u.a. auf Luftbildaufnahmen spezialisierte Unternehmen aus Magdeburg dabei unterstützt, KI zur Identifikation und Klassifizierung ähnlicher Bilder einzusetzen. Entsprechend der Kundenanforderungen z.B. hinsichtlich des Motivs, der Stimmung oder der Perspektive werden den KundInnen entsprechende Bilder vorgeschlagen. Voraussetzung dafür war, dass jedes Bild mit entsprechenden Eigenschaften versehen wurde (Tagging). Mit dem Einsatz einer KI-basierten Bilderkennung in Verbindung mit einer ebenfalls KI-basierten textuellen Beschreibung der Bilder kann dieser Prozess wesentlich effizienter gestaltet werden.
Dadurch wird es möglich die Fotodatenbank ohne manuellen Vorbereitungsaufwand um gesuchte Bildinhalte wie Flüsse, Brücken oder architektonische Eigenschaften von Gebäuden (z.B. Epoche) zu durchsuchen bzw. entsprechende Fotos zu selektieren. Neben diesem vor allem für das persönliche Gespräch relevante Einsatzfeld ermöglicht die Technologie bei entsprechender Integration in den Webshop des Unternehmens auch neue Kundenerlebnisse, da das Durchstöbern des vorhandenen Produktportfolios wesentlich systematischer bzw. nutzerfreundlicher erfolgen kann als bisher. Insofern adressiert der KI-Einsatz sowohl die Schlüsselaktivitäten als auch die Kanäle des Geschäftsmodells.
Beispiele aus der Praxis
Ein weiteres Beispiel für ein KI-gestütztes Geschäftsmodell liefert der auf das Gastgewerbe spezialisierte Dienst “Menoovo”. Durch eine digitale, aber persönliche Präsentation der Speisen in Verbindung mit Empfehlungen zu korrespondierenden Getränkeangeboten und Informationen zu den ErzeugerInnen werden Kaufanreize gesetzt. Dazu dienen insbesondere kurze Videoclips der beteiligten AkteurInnen wie Küchenchef, ErzeugerInnen oder auch prominente Gäste.
Die Wertangebote für die GastronomInnen liegen in der daraus resultierenden Umsatzsteigerung, in der Entlastung des Personals und in der Möglichkeit, Produkte flexibel und aufwandsarm in das Angebot integrieren oder entfernen zu können. Zudem werden sie dadurch in die Lage versetzt datenbasiert Entscheidungen (z.B. hinsichtlich Integration von Produkten, Kombination von Produkten, Bepreisung von Speisen) zu treffen.
KI wird bezogen auf das Geschäftsmodell in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Die Empfehlung korrespondierender Produkte erfolgt durch einen KI-Sommelier. Grundlage ist ein entsprechend trainiertes KI-Modell. Dabei wird auf Basis der Speiseauswahl notwendige Eigenschaften eines begleitenden Getränks ermittelt, das vorhandene Getränkeangebot des Restaurants entsprechend durchsucht und ein passendes Getränk vorgeschlagen. Die Restaurantbetreibende erhalten so auch Hinweise bzgl. vorhandener „sensorischer Lücken“ im Getränkeangebot in Relation zu ihrem Speiseangebot. Durch die proaktive Empfehlung eines passenden Getränks in Verbindung mit einem kurzen Videoclip in dem der Winzer bspw. die Besonderheiten des Jahrgangs oder eine kurze Geschichte über das Weingut präsentiert, werden zudem zusätzliche (Upselling-) Kaufanreize gesetzt. War bisher die Erstellung von Speisekarten in unterschiedlichen Sprachen für die GastronomInnen ein sehr aufwendiges und vor allem kostenintensives Prozedere – insbesondere bei häufigen Änderungen – kann die digitale Speisekarte über die integrierte Verknüpfung mit einem entsprechenden KI-Dienst auf Knopfdruck in einer anderen Sprache dargestellt werden.
KI-basiertes Geschäftsmodell vs. konventionelles Geschäftsmodells
Die wenigsten Unternehmen entscheiden sich bewusst für die Entwicklung eines KI-basierten Geschäftsmodells. Häufig steht ein konkreter KI-Anwendungsfall im Vordergrund, der ggf. zu einer Veränderung des bestehenden oder gar zur Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells führen kann. Auch im Zuge der Entwicklung einer Geschäftsidee zu einem validen Geschäftsmodell kann sich herausstellen, dass der Einsatz von KI bspw. eine wesentliche Voraussetzung für ein angestrebtes Wertangebot oder elementar für die effiziente Durchführung zentraler Schlüsselaktivitäten ist. Insofern unterscheidet sich die prinzipielle Vorgehensweise zur Entwicklung KI-basierter Geschäftsmodelle nicht von der zur Entwicklung konventioneller Geschäftsmodelle. Auch hier müssen Ideen entwickelt, bewertet und untersetzt, zentrale Annahmen identifiziert, geeignete Testverfahren zur Überprüfung der Annahmen ausgewählt und die Geschäftsmodellentwürfe auf Basis der Testergebnisse weiterentwickelt werden.
Eine Besonderheit besteht allerdings in der möglichen Rolle von KI als technologischer Befähiger für das Geschäftsmodell. Wird in KI ein entsprechendes Potenzial gesehen, sollten bereits frühzeitig entsprechende Technologien ausgewählt, die Verfügbarkeit notwendiger Daten ermittelt und erste Machbarkeitsprüfungen durchgeführt werden. Auch die Rahmenbedingungen des KI-Einsatzes z.B. hinsichtlich des Datenschutzes, technologischer Voraussetzungen oder möglicher Abhängigkeiten von Drittanbietern sind auch vor dem Hintergrund der adressierten Kundenschmerzen bzw. -bedürfnisse zu betrachten. Sollte sich der KI-Einsatz prinzipiell als sinnvoll erweisen, muss zudem u.a. geprüft werden, inwieweit eine Eigenentwicklung einer Fremdbeschaffung vorzuziehen ist (Make-or-Buy Entscheidung) und wie eine entsprechende Datenpipeline gestaltet sein kann. Auch diese KI-spezifischen Aspekte können über zu prüfende Annahmen abgebildet werden.
Muss ich ein KI-basiertes Geschäftsmodell entwickeln?
Selbstverständlich muss niemand ein KI-basiertes Geschäftsmodell entwickeln. Es wäre jedoch eine vertane Chance, nicht in regelmäßigen Abständen zu prüfen, inwieweit ihr Unternehmen von der rasant fortschreitenden KI-Entwicklung profitieren kann. Haben Sie bereits eine konkrete Idee für den KI-Einsatz in ihrem Unternehmen? Dann unterstützen wir Sie gerne bspw. im Rahmen einer Potenzialanalyse bei der Untersetzung der Idee oder bei der Überprüfung möglicher Auswirkungen auf ihr bisheriges Geschäftsmodell. Oder haben Sie keine konkrete Idee, würden aber gerne wissen, ob KI in ihrem Geschäftsmodell relevant sein kann? Dann stehen wir Ihnen gerne u.a. im Rahmen einer Digitalisierungssprechstunde zur Verfügung, um ggf. erste Ansatzpunkte zu identifizieren und weitere Schritte aufzuzeigen.
Weitere Beispiele für KI-basierte Geschäftsmodelle liefert der Online-Kurs „Wo kann KI im Geschäftsmodell stattfinden?“, auf den Sie kostenfrei über die Lern- und Aktionsplattform LEA der Mittelstand-Digital Initiative zugreifen können. Darin enthalten sind zudem ein Überblick über relevante KI-Technologien – erläutert anhand des Periodensystems der KI – sowie weitere Informationen zur Business Model Canvas. Letztere wird auch ausführlich in unserem Leitfaden Digitale Geschäftsmodelle beschrieben.
Ansprechpartner

Robert Kummer
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