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Was kann KI für die IT-Sicherheit?
Künstliche Intelligenz verändert nicht nur grundlegend Arbeitsprozesse, sondern wirkt sich auch maßgeblich auf die Cybersicherheit in Betrieben aus. Für Geschäftsführende kleiner und mittlerer Unternehmen ist es oft schwer zu durchblicken, welche Entwicklungen für sie relevant sind und zur echten Gefahr werden können. Die Frage, ob KI eher Chance oder Risiko im Cyberraum darstellt, lässt sich momentan nur folgendermaßen beantworten: Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Warum das so ist, erfahren Sie in diesem Beitrag, der unserer Themenreihe im Rahmen des Cybersicherheitsmonat ist.
Die neue Bedrohungslandschaft: KI macht Angriffe raffinierter
Was früher Science-Fiction war, ist heute bittere Realität: Cyberkriminelle nutzen Künstliche Intelligenz systematisch für ihre Angriffe. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Laut der TÜV Cybersecurity Studie 2025 gehen 51 Prozent der Unternehmen davon aus, dass sie bereits Ziel KI-gestützter Cyberangriffe geworden sind. Gleichzeitig stieg die Zahl der Unternehmen, die 2024 Opfer eines Cyberangriffs wurden, auf 15 Prozent – ein Anstieg um vier Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Besonders perfide: Moderne KI-Tools ermöglichen es Cyberkriminellen, maßgeschneiderte Phishing-Mails (bei denen sich Angreifer als vertrauenswürdige Personen oder Institutionen ausgeben) zu erstellen, die selbst ExpertInnen auf den ersten Blick nicht als Betrugsversuch erkennen. Statt fehlerhafter Nachrichten voller Rechtschreibfehler erhalten Opfer heute personalisierte Nachrichten, die Informationen aus dem Internet und den sozialen Medien geschickt einweben.
Und die Technologie geht sogar noch einen Schritt weiter. Deepfake-Technologien ermöglichen es, gefälschte Audio- oder Videoaufrufe zu erstellen, mit denen Geschäftsführende zur Überweisung größerer Summen bewegt werden sollen. Ein Beispiel, bei dem dieses Vorgehen leider erfolgreich war, ist beim einem britischen Industriekonzern. Ein Mitarbeiter des Unternehmens nahm an einer Video-Konferenz teil und dachte, dass er dort mit dem Finanzvorstand und weiteren Mitarbeitenden spricht. Die durch KI erschaffenen Fakes waren so realistisch, dass der Mitarbeiter umgerechnet 23 Millionen Euro auf mehrere Konten der Betrüger überwies.
Für Cyberkriminelle ist der deutsche Mittelstand ein attraktiver Geschäftszweig. Die Betriebe haben begrenzte Ressourcen und Mittel, die sie in das Thema Cybersicherheit investieren können. Die Einfallstore sind entsprechend groß und für Hacker eine willkommene Einladung. Künstliche Intelligenz kann hier eingesetzt werden, um Cybersicherheitsprozesse zu professionalisieren oder zu unterstützen.
Erhöhte Gefahr für den deutschen Mittelstand
Die Bedrohung trifft aber nicht nur große, international tätige Konzerne, sondern auch den deutschen Mittelstand. Die Schadenssummen, die durch Cyberangriffe entstehen, steigen stetig und können für kleinere Betriebe schnell existenzgefährdend werden. Warum? Ein Cyberangriff bedeutet, dass das Unternehmen im schlimmsten Fall mehrere Tage oder sogar Wochen keinen oder reduzierten Zugang zu seinen Daten und Systemen hat. Rechnungen können nicht gestellt werden, Produktionen stehen still und Kund*innen und Partner können nicht kontaktiert werden. Für kleine und mittlere Unternehmen kann eine solche Situation in die Insolvenz führen. So erging es in diesem Jahr beispielsweise einem Euskirchener Serviettenhersteller und musste schlussendlich Insolvenz anmelden.
Tool-Tipp: CYBERsicher Check
Der CYBERsicher Check hilft Ihnen, die Grundlagen der Cybersicherheit bei Ihnen im Unternehmen anzugehen. Mit dem kostenfreien Tool können Sie den Ist-Zustand Ihrer IT-Sicherheit evaluieren und erhalten individuell auf Ihr Unternehmen zugeschnittene Handlungsempfehlungen. Beantworten Sie einfach die Fragen aus den Teilbereichen Datenschutz, Datensicherung, Informationssicherheit, IT-Systeme, Schulungen und Verantwortlichkeiten und der CYBERsicher Check ermittelt Ihre ganz persönlichen Verbesserungspotenziale automatisch!
KI als Retter? Die Realität hinter den Versprechungen
Neben der Stärkung der Hacker bietet künstliche Intelligenz auch die Möglichkeit Cybersicherheit in Unternehmen zu stärken. Die Versprechen klingen verlockend:
- Automatisierte E-Mail-Sicherheit: KI-Systeme analysieren E-Mails in Echtzeit und erkennen verdächtige Muster. Im Gegensatz zu herkömmlichen Spam-Filtern lernen sie kontinuierlich dazu und erkennen auch neue Angriffsmuster.
- Blitzschnelle Reaktion auf Angriffe: Sogenannte AIR-Systeme (Automated Incident Response) sollen Sicherheitsvorfälle automatisch erkennen, analysieren und bekämpfen – in einem Bruchteil der Zeit, die menschliche Expert*innen benötigen würden.
- Demokratisierung von Penetration-Tests: KI-gestützte Tools versprechen, die bisher teuren und aufwendigen Sicherheitstests für jede*n zugänglich zu machen.
Doch wie sieht die Praxis aus? Aktuelle Systeme haben erhebliche Limitationen und können zwar bekannte Angriffsmuster gut erkennen, versagen aber oft bei völlig neuen Bedrohungen. Zudem produzieren sie häufig Fehlalarme, die IT-Teams oder Führungskräfte zusätzlich belasten, anstatt sie zu entlasten.
Und ein Faktor bleibt trotz KI entscheidend: der Faktor Mensch. Keine KI der Welt kann Social Engineering (gezielte Angriffe und Manipulation von Menschen bzw. Mitarbeitenden) vollständig verhindern, wenn Mitarbeitende nicht sensibilisiert sind. So können auch Mitarbeitende durch Unwissen beispielsweise auf eine geschickt formulierte Phishing-Mail hereinfallen.
Hinzu kommt, dass KI-Systeme oft so komplex sind, dass sie für kleinere Unternehmen schwer zu verstehen und zu verwalten sind. Was als Vereinfachung verkauft wird, wird schnell zur Belastung, wenn plötzlich spezialisiertes Know-how für die Konfiguration und Wartung der Systeme benötigt wird. Auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nicht immer: Während die Preise für KI-Sicherheitslösungen sinken, sind sie für viele KMU noch immer erhebliche Investitionen. Nicht jedes Unternehmen benötigt zwangsläufig die neueste KI-Technologie, um sich angemessen zu schützen.
Praktische Empfehlungen
- Grundlagen schaffen vor KI-Experimenten
Sind alle Systeme aktuell? Haben Sie ein Backup-Konzept? Sind Ihre Mitarbeitenden für Phishing-Angriffe sensibilisiert? Diese Grundlagen sind oft wichtiger als die neueste KI-Technologie.
- KI-gestützte E-Mail-Sicherheit als Einstieg
Wenn Sie bereits einen E-Mail-Provider nutzen, prüfen Sie, welche KI-basierten Sicherheitsfunktionen verfügbar sind. Oft sind diese bereits in bestehenden Paketen enthalten und können ohne zusätzliche Kosten aktiviert werden.
- Mitarbeitende einbeziehen, nicht ersetzen
Nutzen Sie KI als Unterstützung für Ihre Teams, nicht als Ersatz. Schulen Sie Mitarbeitende darin, wie sie KI-generierte Warnungen interpretieren und was bei Verdachtsfällen zu tun ist.
- Klein anfangen, Erfahrungen sammeln
Beginnen Sie mit kostengünstigen oder bereits verfügbaren Lösungen. Sammeln Sie Erfahrungen, bevor Sie in umfassende KI-Systeme investieren.
Ansprechpartner

Johanna Baldus

Vanessa Weiss
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